Wie integriere ich „Non-Desk“ Arbeiter im eLearning

Blog | 5 Ideen aus der Praxis

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OTTO DÖRNER

Wie können Non-Desk Mitarbeiter trotz technischer Zugangshürden und eher traditioneller Muster der Wissensvermittlung Teil einer organisatorischen Lernkultur werden? 5 praktische Lösungen aus der Arbeitswelt.

An welche Art Angestellten denkst du, wenn du die Worte Seminar, WBT und Webinar hörst? Den meisten kommen hier Bilder von „White Collar“ Angestellten in den Sinn: Vertriebler, Verwaltungspersonal, Führungskräfte etc. also diejenigen, die sich in der Regel an den Business Dresscode („weißer Kragen“) halten und den Großteil ihrer Arbeit am PC erledigen. Doch was ist mit den „Blue Collar“ Angestellten, den gewerblichen Mitarbeitern aus der Industrie, dem Baugewerbe und ähnlichen handwerklichen Berufen? Und „Pink Collar“ Mitarbeitern, die z. B. im Einzelhandel oder im Tourismus arbeiten, und ebenfalls oft keinen Zugang zu einem PC während der Arbeitszeiten haben? Auch sie haben einen Bedarf an Wissenszuwachs, einerseits um Sicherheit und Qualität bei der Arbeit zu gewährleisten, andererseits um moderne Ansätze zu etablieren, sich inspirieren und fördern zu lassen und Teil eines ganzheitlich lernfördernden Unternehmens zu sein. Allerdings ist es nicht immer einfach, Non-Desk Mitarbeiter in Lernprogramme einzubinden.

Zu den Herausforderungen gehören:

  • Zum einen ein oft eng getakteter Schichtplan, der es meist unmöglich macht, alle Mitarbeiter gleichzeitig für ein Seminar zusammen zu bekommen. Auf der anderen Seite ist der Zugang zur Hardware mitunter ein Problem. Wenn Mitarbeiter eher nicht am PC arbeiten, haben sie während der Arbeitszeit meist auch kein entsprechendes Gerät zur Verfügung. Manchmal gibt es auch keine betrieblichen E-Mail Adressen.

  • Durch die eingeschränkten Zugangsmöglichkeiten sind viele Non-Desk Mitarbeiter nicht daran gewöhnt, Lernprogramme zu absolvieren. Traditionell wird Wissen an gewerbliche Mitarbeiter eher während der Arbeit oder durch Aushänge vermittelt.

  • Auch Skepsis und Akzeptanz können zu den Problemen gehören, da viele Maßnahmen auf White Collar zugeschnitten wirken (dies gilt übrigens nicht nur für Weiterbildung, sondern auch für andere HR-Bereiche, z. B. Mitarbeiterbefragungen).

Eine einfache Lösung ist der Einsatz von eLearning-Software auf mobilen Endgeräten, die einen individuellen und flexiblen Zugang zu Lerninhalten (ggf. auch ohne eigene E-Mail Adresse) ermöglicht und den Abschluss von Kursen durch Daten und Zertifikate der Lernenden nachweist. Aber reicht das aus, um auch Non-Desk Arbeiter an das eLearning zu gewöhnen? Unserer Erfahrung nach sind dazu weitere Maßnahmen hilfreich. 

Ideen aus der Arbeitswelt

1. Die Arbeitspausen als Lernzeit nutzen

Ein deutsches Busunternehmen gibt ein gutes Beispiel dafür, wie man seine Busfahrer in Lernprogramme einbeziehen kann. Busfahrer haben oft lange Pausen zwischen den Arbeitsschichten. Diese Pause werden normalerweise nicht bezahlt, aber es lohnt sich auch nicht, währenddessen nach Hause zu gehen. Die Barnimer Busgesellschaft (BBG) hat beschlossen, diese Pausen als bezahlte Zeit anzuerkennen – wenn sie zum Lernen genutzt werden. Die Fahrer können über ihr Handy oder Tablet auf das Training zugreifen und eine Reihe von Modulen absolvieren, bis die nächste Fahrt beginnt. Die Lernzeit und der Lernerfolg lassen sich in der Lernsoftware leicht nachverfolgen und anrechnen. Sowohl die Fahrer als auch das Unternehmen profitieren nun von den erweiterten Kenntnissen über Straßen, Routen oder technische Spezifikationen. Und über anonyme Zugangscodes, die per QR-Code auf Papier ausgeteilt werden, kann das Fahrpersonal auch dann Zugang bekommen, wenn keine (Firmen-) Mailadresse vorhanden ist.

Screenshot aus der Onboarding-Plattform der BBG
Einblick in die Onboarding-Plattform der BBG

Lies hier den vollständigen BBG Bericht 

2. Eine Mischung aus Pflicht- und Wahlpflichtkursen anbieten

Wenn die entsprechende Hardware (PC-Arbeitsplatz oder Handy) und Lernzeit (im Idealfall bezahlte!) zur Verfügung stehen, können Manager Industriearbeiter zur Teilnahme an Pflichtkursen “zwingen”. Dies ist häufig der Fall bei Risikoaufklärung und Produktspezifikationen, die essenziell für die Arbeitsqualität und -sicherheit sind. Aber um einen handfesten Arbeiter dazu zu bringen, freiwillig an zusätzlichen Schulungsprogrammen teilzunehmen, braucht es mehr (so die Annahme). OTTO DÖRNER, ein Recyclingunternehmen aus Deutschland, hat einen schönen Weg gefunden, seine Mitarbeiter zu zusätzlichen Schulungen einzuladen, und zwar mit einem umfangreichen Kurspaket, das sich auf die tägliche Arbeit bezieht. Neben den obligatorischen Kursen, die die Mitarbeiter ohnehin besuchen müssen (und an die sie bei Bedarf erinnert werden), werden optionale Kurse angeboten. Nach dem Motto “Kennen Sie schon die neuen Kurse” erscheint mitten in der Akademieübersicht eine Auswahl von drei bis vier eLearning-Kursen wie “Das Jahresgespräch“ oder „Frag nach Feedback”, in die man sich mit einem Klick einschreiben kann. Ist die Relevanz für die eigene Arbeit gegeben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Kurs – mindestens teilweise – absolviert wird.

Lies hier den vollständigen OTTO DÖRNER Bericht 

3. Lernen soll Spaß machen

eLearning hat nicht unbedingt den Ruf, Spaß zu machen. Doch das liegt an Erfahrungen aus der Vergangenheit, als eLearning noch mit fast statischen Durchklicken gleichzusetzen war. Heute bieten die meisten eLearning-Tools eine ansprechende Oberfläche und ein Mindestmaß an Interaktivität. Mit Videos und Animationen ist schon ein großer Schritt gemacht. Füge noch ein paar Quizfragen hinzu und gib Feedback zum Lernfortschritt des Lernenden, und du wirst sehen, wie sehr man den Mitarbeitern entgegenkommen kann (auch ohne teure Agenturarbeit).

OTTO DÖRNER liefert ein schönes Beispiel, wie man Mitarbeiter mit den genannten Mitteln ganz einfach auf die Lernplattform locken kann: ein simples Quiz mit der Chance auf einen 50 € Amazon-Gutschein. Hier wurden lustige Fragen gestellt wie: „Wer hat den weitesten Anreiseweg zur Arbeit?“ „Welcher Mann hat die kleinste Schuhgröße?“ oder „Wie groß ist unser Gelände?“ Ein großer Erfolg! 

4. Den Mitarbeitern eine aktive Rolle geben

Wirklich engagierte Teilnehmer auf der Plattform sind diejenigen, die selbst Wissen und Material beitragen. Hier liefert die Barnimer Busgesellschaft wieder ein großartiges Beispiel: Sie lässt Auszubildende (mit einer GoPro Kamera) Videomaterial über die Linien und Fahrzeuge erstellen, das dann in eLearning-Kurse umgewandelt wird. Genial, oder? Die Azubis, die das Material erstellt haben, merken sich das gleich viel besser. Und die anderen Lernenden profitieren von den schönen Videos, die viel interessanter sind als Textanleitungen.

 5. Geduldig bleiben und vorausdenken

Auch bei der BBG und OTTO DÖRNER waren Fahrer und andere gewerbliche Mitarbeiter nicht von heute auf morgen ins eLearning Boot gestiegen. Doch mit der Zeit haben die Mitarbeitenden das Angebot, sich in Pausen oder speziell eingeräumten Lernzeiten weiterbilden zu können, zu schätzen gelernt. Laut BBG helfen solche Angebote auch dabei, sich als attraktiver, zukunftsfähiger Arbeitgeber zu profilieren.

Viele gute Ideen entstehen spontan unter den Beschäftigten. Gibt es jemanden, dem sie diese Ideen mitteilen können und der sich derjenige darauf einlässt, es einfach mal auszuprobieren? Dann steht einer gemeinsam wachsenden Lernkultur eigentlich nichts mehr im Wege. 

Fazit Weiterbildungsmaßnahmen, die im White Collar Bereich bereits erfolgreich eingesetzt und wertgeschätzt werden, sind im Blue Collar und Pink Collar Bereich teilweise noch nicht angekommen. Durch lernfreundliche Arbeitsbedingungen und den kreativen Einsatz von eLearning-Software können aber auch Non-Desk Mitarbeiter in die Lernprogramme von Unternehmen integriert werden. Wichtig ist, die Arbeitsumstände und Gewohnheiten aller Zielgruppen ernst zu nehmen und Hindernisse gemeinsam aus dem Weg zu räumen. Dann kann eine gemeinsame Lernkultur entstehen, von der sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber langfristig profitieren. Übrigens: Habt Ihr noch weitere Ideen, wie man Mitarbeiter – egal ob Blue, White oder Pink Collar – integrieren, motivieren und engagieren kann? Schreibt es uns gern! 

Redaktioneller Hinweis: Diesem Artikel liegt die Begriffsdefinition für „Blue Collar“ von Wikipedia zugrunde, wonach eine sehr breite Gruppe von Bauarbeitern, Handwerkern, Elektrikern, Industriearbeitern, Abfallwirtschaftenden, (LKW-) Fahrern und vielen weiteren Berufen gehandhabt wird. Hauptmerkmal liegt in der Abgrenzung zu „White Collar“ Mitarbeitern, die eher einen Büro-Job ausüben, oder „Pink Collar“ aus dem Dienstleistungssektor, wobei die Übergänge fließend sein können

Lotte Pieterse

Digital Marketing Manager

Lotte Pieterse

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